Foto / Skulptur : Andreas Stock 2025 Katalonien/ Spanien
Die Schwarz-Weiß-Fotografie von Andreas Stock mit dem Titel „Urknall“ (2025) zeigt eine skulpturale Formation aus Treibholz am Ufer eines Sees. Das Wurzelwerk erhebt sich aus dem Sand, verzweigt, aufragend, fast explosionsartig in alle Richtungen – wie eingefrorene Energie im Moment ihrer Entfesselung.
Formale Analyse
- Materialität & Gestalt:
Das Treibholz erscheint nicht als Rest der Natur, sondern als dynamisches Gebilde – ein Bündel von Linien, die strahlenförmig auseinanderlaufen. Die Äste gleichen einem kosmischen Ausbruch oder einer Explosion. Der Titel „Urknall“ findet hier eine direkte visuelle Entsprechung. - Fotografische Wirkung:
Das Schwarz-Weiß betont die starken Kontraste zwischen den hellen, sonnenbeschienenen Ästen und den dunklen Schatten in den Vertiefungen. Die Silhouette des Holzes hebt sich dramatisch gegen den Himmel und die Wasserfläche ab. Die Wahl des niedrigen Blickwinkels verstärkt den Eindruck monumentaler Wucht. - Raum und Kontext:
Die Skulptur steht am Rand von Wasser und Land – ein Schwellenraum. Im Hintergrund eine bewaldete Landschaft, die Ruhe ausstrahlt, während das Holzobjekt wie ein eruptives Gegenbild wirkt.
Kunsthistorische Bezüge
- Land Art:
Stock arbeitet mit Fundstücken aus der Natur in situ. Dies erinnert an Richard Longs Eingriffe oder Andy Goldsworthys Assemblagen – doch während diese oft kreisförmig oder harmonisch sind, sucht Stock das Chaotische, das Energetische. - Surrealismus:
Die Gestalt evoziert traumartige Wesen – ähnlich den bizarren Formen bei Max Ernsts Frottagen oder Dalís „phantastischen Landschaften“. Das organische Holz wird zur Skulptur eines unbewussten Bildes. - Abstrakter Expressionismus in der Skulptur:
Formal erinnern die eruptiven Linien an die Gestik von Jackson Pollock oder an Skulpturen von David Smith, die Bewegung und Explosion im Raum materialisierten.
Interpretation
- Der Urknall als Metapher:
Die Skulptur ist ein Bild für den Anfang aller Dinge – Chaos, Energie, Entstehung. Das Stück Holz, von Wasser und Zeit geformt, wird zum Symbol für kosmische Prozesse. - Zwischen Natur und Kunst:
Stock entnimmt der Natur ein Fragment, das durch Kontext und Fotografie zur Skulptur transformiert wird. Die Kamera macht den „Urknall“ sichtbar, wo der Betrachter sonst nur „Treibholz“ sähe. - Vergänglichkeit & Ewigkeit:
Während das Material zerfällt, verweist die Form auf etwas Zeitloses: den Ursprung des Universums, den unendlichen Kreislauf von Entstehen und Vergehen.
Fazit
Mit „Urknall“ schafft Andreas Stock ein Werk, das Natur, Skulptur und Fotografie in einer ikonischen Geste vereint. Das scheinbar Zufällige des Fundstücks wird durch die Komposition zum Sinnbild universeller Energie. Das Werk steht in einer Tradition von Land Art, Surrealismus und expressiver Fotografie – und behauptet zugleich eine ganz eigene Bildsprache, in der das Kosmische im Kleinen sichtbar wird.
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