Gegen 15 Uhr laufe ich die kleine Klotzbahn hinunter. Zur linken ein verlassenes Ladenlokal, aufgegeben nach einem Jahr, Müll liegt auf dem Boden. Ein Stück weiter geschlossene Läden neben Fachgeschäften, welche für täglichen Bedarf eher weniger oder gar nicht geeignet sind. Unten angekommen wende ich mich nach links in den geschlossenen Sparkasssenautomatenraum, der aussenliegende Automat wird nicht mehr betrieben. War auch wirklich ekelig was damit angestellt wurde in den letzten Jahren. Der geschlossene Raum ist heute die Zuflucht eines scheinbar obdachlosen Mannes. Er sitzt rechts neben den Automaten vor der Scheibe auf seinem Schlafsack und hält sich den Kopf. Wenn man ihn aus der Szene rausschneiden könnte wäre er der perfekte Robinson Crusoe der 2022er. Er möchte sich wohl nur aufwärmen und betteln liegt ihm scheinbar fern. Ist er klar im Kopf oder steht er unter Drogen ? Man sieht es ihm nicht an und er wirkt im Grunde ganz klar und ist bei Sinnen. Die Menschen gehen ein und aus, heben Geld ab, zahlen ein oder holen Ihre Auszüge.
Niemand achtet auf den Mann, er sitzt dort einfach und niemand um in herum nimmt Notiz von seiner Person, nur von dem Umstand, dass dort "etwas" sitzt, liegt oder steht. Es gehört dort nicht hin. Aber dafür ist keiner zuständig oder fühlt sich verantwortlich, nach zu fragen, ob alles in Ordnung ist.
Er ist ein irgendwas, ein überflüssiges oder hinnehmbares Subjekt. Nur ein Mensch ist es für die ein-und ausgehende Kundschaft nicht. Ja, aber was ist er oder es dann für diese Menschen ? Ein Nichts kann es auch nicht sein, Freundschaft wird sich wohl auch niemand vorstellen mit einem unbekannten Objekt dieser Art. Die Antwort könnte folgende sein. Dort sitzt auf einer Decke, kauernd unsere Gesellschaft. Sie friert und sie vegetiert vor sich hin und bettelt oder bittet nicht, sie ist nicht dazu in der Lage oder dazu fähig ganz einfach, weil sie es nicht gelernt, Ihr jemand beigebracht hat. Es war im Grunde gefühlt auch wohl nicht wirklich jemals notwendig die Gesellschaft in diesem Punkte der allgemeinen Umgangsformen auszubilden oder zu sensibilisieren. Wirklich ? oder eher die Frage " Wozu auch ?" Es ist immer noch ein ein großer Teil der Gesellschaft der Meinung und Ansicht Lehren aus dunkler Zeit als Maßstab für Kultur etablieren zu müssen damit diese einfach funktioniert, Bettelei ist verpönt und die Frage nach Hilfe ein Zeichen von Schwäche. Hier sitzt sie also nun, unsere Gesellschaft, am Boden neben den letzten automatischen Ausgabemaschinen der Kapitalsteuerungsunternehmen, wohlwissend um Ihr baldiges Ende wohlfeil, wird, so munkelt man, dort bald ein Zimmer frei.
Text und Bild : Andreas Stock
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