Szene I :
Zwei Stühle, ein Tisch aus Holz. Eine Glühbirne
schwingt leicht, mit dem Windzug.
Darunter schwebende Köpfe, darüber vier
treibende Hüte, Schatten auf Karten werfend.
Rauch quillt zwischen den Krempen hindurch
dem Licht entgegen, malt fantasievolle
Kreise.
Betörende, weißbläuliche Schlieren
erscheinen wie die Hologramme ihrer
tagsüber geworfenen Lassos in dem
Lichtkegel, welcher für diesen Moment
der einzige existierende Ort für diese
vier Männer auf diesem Kontinent
zu sein scheint.
Ihre Blicke scheinen eingefroren,
ausser dem Rauch und der Glühbirne
bewegt sich für Sekunden nichts.
Die Tür öffnet sich unbemerkt,
frischer Wind strömt in den Raum,
verdünnt die Schlieren und
Rauchschwaden. Ein winziger,
unsichtbarer Schatten kriecht unter
den Tisch und fängt an, die
Tischplatte von unten mit einem
langen Jagdmesser anzukratzen.
Nach einer Stunde intensiven
Kratzens und Stocherns gelingt
es dem Schattenwinzling, ein
kleines Loch in die dicke
Holzplatte aus Eiche
zu stemmen.
Die Männer spielen unterdessen
weiter Karten und trinken Whiskey.
Es wird Pfeife geraucht und einige
Zigarillos werden gepafft.
Der Schattenwinzling arbeitet
das kleine Loch unterdessen aus
zu einem stattlichen Loch, bis sein
kleines verformtes Schattenhaupt
hindurch passt.
Ein erster Versuch scheitert und
mit etwas Nacharbeit passt sein
Schattenschädel schließlich durch
die Tischplatte.
Er kann unter dem Tisch stehen
und seine Schattenfratze ist vollständig
über der Tischplatte.
Aus dunkeln Höhlen seiner
Schattenvisage schaut er in die
glotzenden Gesichter der
Männer und dreht sich
im Kreis.
Mit einem mal wird er, durch den
Rauch den die Lungen der Spieler
auf ihn ergießen lassen, sichtbar für
die Männer die mit regungslosen
Mienen, ohne zu zögern auf den
Schattenumriss der vermaledeiten
Erscheinung schießen, jedoch nur
Ihren gegenüber sitzenden
Tischnachbarn in Brust,
Hals oder Kopf treffen.
Die Kugeln gehen durch den das Unlicht
des erschrocken blickenden Schattenantlitzes
hindurch ohne dem angedachten Ziel Schaden
zuzufügen.
Der letzte lebende der Männer erschießt
sich selberund ein fünfter Mann betritt
den Salon. Es ist der Zauberer, so nennt
man ihn, und ist Gefangener der
Kopfgeldjäger, welche blutüberströmt
auf Karten, Geld und Holzspänen auf,
neben und unter dem Tisch wie für
einen Theaterszene arrangiert liegen.
Der Zauberer sammelt das Geld ein
und wischt sich nach einem großen
Schluck aus der Whiskeyflasche
den Mund mit seinem Ärmel ab.
Die Fesseln haben seine Handgelenke
blutig gescheuert und die Schmerzen
haben ihn rasend vor Wut werden lassen.
Der Whiskey tut seine Wirkung und eine
wohlige Wärme durchströmtseine ganzen
Körper aus der Mitte heraus bis in alle
Gliedmaße.
Er dreht sich, während unter seinem
staubigen Stiefel ein Fingerknochen
matschig knirscht bis er kläglich und
zart bricht, zum Wirt der erstarrt hinter
der Theke verweilt.
Szene II :
Ort : Witten
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